Krieg der Sonnenblumen
Golden Apes (Goth Rock)

Mit "Helianthos and the war" veröffentlichten die Berliner Goth Rocker ihr drittes Full Time Album in Eigenregie. Traditioneller Goth Rock paart sich mit wunderschönen Melodielinien. Das Album besticht durch eine Mischung aus dunklen, ruhigen Stücken und rockigen Parts. Auch live konnte sich die Band bereits in die Herzen der Fans spielen, so entschied man einen Vorausscheid für sich und hatte so die Möglichkeit beim Black Elben Festival zu spielen.
Weitere Infos gibt es im folgenden Interview und auf der Band Homepage www.goldenapes.de (dort könnt ihr auch die Alben bestellen). (andreas)




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Kürzlich erschien Euer drittes Album. Wie sehr ist das Album "Helianthos" (Sonnenblume) und wie sehr "war" (Krieg) ?
GA: Ich denke, wir haben mit "Helianthos and the War" ein ziemlich ausgeglichenes Album kreiert, das beide Seiten stilistisch und thematisch beinhaltet. Der Dualismus des Titels ist in jedem einzelnen Song auf die eine oder andere Art immer lesbar. "Love me (anymore)" ist z.B. auf den ersten Blick ein scheinbar positives, helles Stück, behandelt aber die resignierte Erkenntnis eines unumkehrbaren Abschieds, eines schmerzvollen Verlustes. "The last of the Phantoms" hingegen erscheint im ersten Augenblick kühl und distanziert, ist im Kern aber fast schon ein Liebeslied. So gesehen ist die Blume eigentlich auch ein Teil des Krieges und umgekehrt.

Ich wollte es nicht fragen, aber mein Interesse ist zu groß. Wie kamt Ihr auf den Bandnamen und was soll er ausdrücken?
GA: Die "Goldenen Affen" beziehen sich auf ein Abschnitt in der Vorrede zu Nietzsches "Zarathustra", in dem dem Menschen mehr Affen-Sein unterstellt wird als dem Affen selber. Gleichzeitig sieht sich der Mensch in seiner heutigen, von Wissenschaft und Technik getrübten Sicht als Endpunkt der Evolution, als Krone der Schöpfung quasi. Ein Irrtum einer dummen, bemitleidenswerten Kreatur. Daher der "Goldene Affe". Wenn man sich unsere Geschichte betrachtet, gibt es eigentlich kaum ein tierähnlicheres Tier als den Homo Sapiens. Wir haben uns taub für unsere Sinne und Instinkte gemacht und läuten debil grinsend unseren eigenen fortschrittlichen Genozid ein. Aber Hauptsache wir haben's warm.

Euer Werk ist stark inspiriert vom 80er Dark Wave, während ein Song wie "Love me (anymore)" mit seiner beschwingten Melodie durchaus an die poppige Variante von The Cure erinnert. Wo würdet Ihr Euch musikalisch einordnen?
GA: Das Kategorisieren und Katalogisieren überlassen wir lieber den anderen, aber es ist durchaus logisch, dass sich die eigenen musikalischen Vorlieben und Einflüsse in der Arbeit wiederfinden lassen. Gerade wenn fünf Leute zusammen Musik machen, sind die stilistischen Einflüsse immens breit gefächert und gerade das lässt halt interessante Symbiosen entstehen.

Ich hoffe, ich frage nicht komplett falsch. Ihr versucht in kaum einem Stück bewusst depressiv zu klingen, Ihr verlasst Euch auf eindringliche Melodielinien und formt geschickt eine gotische Atmosphäre. Seid Ihr die zarteste Versuchung des Gothic-Rocks?
GA: Ich glaube bewusst irgendwie klingen zu wollen (das Covern mal außen vor gelassen) ist sowieso ein falscher Ansatz, um Musik zu machen. Jede Art von Schablone im Kopf ist ein paar Töne und Worte weniger mit denen man Arbeiten kann. Dass viele unsere Songs als depressiv bezeichnen ist subjektives Recht, ich für meinen Teil finde einige unserer Stücke durchaus positiv! Müsste ich ein Adjektiv für unsere Musik finden, so würde ich sagen, dass sich durch unsere Arbeit eine sehr melancholische Grundstimmung zieht, die auf der einen Seite sicherlich die Traurigkeit, andererseits aber auch die Ästhetik von Erinnerungen widerspiegelt.

Euer aufklappbares Inlett zur aktuellen CD könnte von der Form her perfekt in eine LP-Hülle passen. Sehnt Ihr Euch manchmal zurück an die Zeit des Vinyls oder ist die nostalgische Komponente allein auf die Musik bezogen?
GA: Jetzt müsste man erstmal klären, welchen zeitlichen Abschnitt im Laufe der Karriere des Vinyls Du meinst? Solltest Du die 80er meinen, dann ist es natürlich so, dass der größte Teil von uns in diesem Jahrzehnt aufwuchs und dort mit den Dingen in Berührung kam, die einen für später prägen. Viele Bands, die privat in unseren CD-Playern rotieren, stammen aus der Zeit oder hatten dort ihre größten Alben gemacht. Z.B. die angesprochenen Cure, die Psychedelic Furs, Nephilim oder Bauhaus und die Tatsache, dass Bowie die 80er 1977 musikalisch eigentlich begonnen hat, spricht schon allein für dieses Jahrzehnt. Und für alle Verschwörungstheoretiker: Nein, hinter der Form des Booklets lag kein konspirativer Plan.

Für eine labellose Band ist die Qualität und das Songwriting fast schon beängstigend gut. Würdet Ihr "Helianthos and the War" als perfekte CD bezeichnen?
GA: Ich denke wir haben mit "Helianthos and the War" genau das Album gemacht, das wir zu diesem Zeitpunkt als Band machen wollten. Perfekt sicherlich als Spiegelbild dessen, wo wir uns im Zeitraum seines Entstehens befanden. Wir sind genauso glücklich mit der "Helianthos" wie wir es auch mit der "Stigma" und der "Thalassemia" sind. Jedes Album ist halt immer ein Abdruck einer bestimmten Entwicklung, die letztendlich dahin führte, dass wir im Hier und Jetzt sind. So gesehen kann es die perfekte CD eigentlich gar nicht geben.



Es gibt auf der CD eine Menge sehr gefühlvoller Songs. Wie wichtig sind diese Stücke für den Gesamteindruck?
GA: Wenn wir an Stücken arbeiten geht es immer um den einzelnen Song an sich, um seine individuelle Intensität und Ausstrahlung, so dass der Gesamteindruck eines Albums im Vorfeld eher schwer vorherzusehen ist. Wichtig ist definitiv das die Stücke ein Gefühl vermitteln und nicht als Filter, sondern eher als emotionaler Verstärker fungieren. Es geht ums Empfinden beim Hören und wenn man einige unserer Stücke als gefühlvoll "empfindet", haben wir alles richtig gemacht.

Gibt es einen roten Faden, der sich durchs Album zieht, bzw. was ist der Inhalt und die Aussage der Songs?
GA: Der rote Faden ist eigentlich schon damit gelegt, dass wir "Helianthos als Intro und "The War" als Outro setzten. Im Grunde geht es um die Gegensätzlichkeit der schönen und der hässlichen Dinge um uns herum, um das Laute und das Leise, das Blühen und das Verwelken und um die Verletzlichkeit der Dinge, die uns am wichtigsten sind. All unsere Träume und Hoffnungen sind letztendlich nicht mehr als gläserne Skulpturen in einem tosenden, steinewerfenden Krieg, der da Wirklichkeit heißt. Verlust ist eine der schmerzvollsten Erfahrungen, die man machen kann und dabei ist er doch auch so wichtig. Ich glaube am besten beschreiben es die letzten Zeilen aus "Circling Dust": "?we're circling Dust in a warm Summer Rain?".

Kannst Du "She" in "Animal" näher beschreiben?
GA: "?Sie bewegt sich wie ein Tier?Sie weint wie ein Tier?Sie stirbt wie ein Tier?und frisst mein ganzes Herz?" - Jeder, der ein wenig in seinem Herzen kramt, wird dort solch eine "Sie" (oder einen "Er") finden. Da bin ich mir ganz sicher?

Ihr habt bei einem Band-Contest den ersten Platz belegt. Wie wichtig sind Euch derartige Erfolge?
GA: Mal abgesehen davon, dass wir dadurch die Möglichkeit erhielten beim diesjährigen Black Elben Festival zu spielen, sind solche Contests immer eine gute Möglichkeit, gerade für Bands ohne Deal, durch seine Arbeit zu beweisen, dass es da draußen eine florierende, industrieunabhängige Subkultur gibt, die nicht nur quantitativ, sondern besonders qualitativ einigen "großen", etablierten Acts Angst machen sollte. Darüber hinaus ist die Tatsache, dass wir beim Herbstzeitlos-Contest gewonnen haben natürlich eine angenehme Bestätigung für uns und unsere Arbeit.

Eure aktuelle Meinung zur Musik im allgemeinen und dem Gothic-Rock/Wave im speziellen?
GA: Ich denke, man sollte dieser Tage arg auf der Hut sein vor den akustischen Viren und Bakterien, die man versucht einem an jeder Straßenecke musikkulturell zu injezieren. Momentan gibt es eigentlich nur zwei Gründe einen dieser "Musik"-Sender zu konsultieren. Entweder man hat etwas Wertvolles verschluckt, das man so schnell wie möglich wiederhaben möchte, oder man braucht eine wirksame Warnung für das Ende der menschlichen Zivilisation. All die Peinlichkeiten der wiederkäuenden Plattenindustrie machen einem wahrhaft Angst vor dem Unheil, das da noch kommen mag. Blank & Jones feat. Mr. Smith? Ohne Worte? Was den Goth/Dark Wave betrifft ist es verständlicherweise erfreulich zu sehen, dass dem Gitarrengoth wieder erhöhte Aufmerksamkeit zukommt und man nicht immer nur das Gefühl haben muss, man stehe auf einem Marktplatz. Gerade Bands wie Zeraphine oder GOD sind unheimlich wichtig für dieses Genre, um zu zeigen, dass es da noch mehr gibt (und immer schon gab) als ein Haufen Synthies oder eins-zwei Schalmeien.

Wie würdet Ihr einem MTVIVA Moderator Eure Musik beschreiben?
GA: Wow, da ist doch die letzte Frage tatsächlich die, vor der ich ratlos kapitulieren muss?