Angriff ist die beste Verteidigung
Fame (Wave Rock/Pop)

Der Name ist Programm.... und gleichzeitig eine Kampfansage. Während andere Bands sich in Zurückhaltung üben, gehen die Münchener direkt in die Vollen. Ein großer Rundumschlag gegen die aktuelle Musikindustrie. Wer derart aggressiv seine Musik anpreist, muß auch einiges bieten. Und dieses gelingt den fünf Mitgliedern von Fame, welche auf eine langjährige Erfahrung in verschiedenen Münchener Rockbands zurückgreifen können, auch. Druckvolle Kompositionen, eingebettet in straighten Gitarrensound besitzen die nötige Power, verzichten aber nicht auf die melancholische Seite, welche sie vor allem im balladesken "today" fabrizieren. Ihr Fünf Track Debüt ist nur der Anfang einer großen Karriere. Naja, vielleicht nicht ganz, dafür beweisen sie, dass die beste Musik ihren Ursprung im Underground besitzt. Mit einer eingängigen Melodie versehen sie ihre Songs und lassen doch den ursprünglichen alten Rock'n'Roll wieder auferstehen. "fame" hat den Anspruch, "lebendige" Musik zu machen und sich dabei textlich mit den wesentlichen Dingen des Lebens auseinanderzusetzen. Die Musik dreht sich um Liebe und Tod, Teufelsritt durch den Himmel, verdorbene Engel. L.J. Sunn beantwortete mir ein paar Fragen und wer mich kennt, dürfte wissen, dass seine Aussage über The Mission mich besonders freute (die ähnlichen Worte gibt es in meinen Berichten über die Mission/Him Tour). Weitere Infos unter www.fameworld.de


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Fotos by Bärbel Polzer

Fame sind:
L.J. Sunn (Gesang)
Dean Ashe (Gitarre)
Chris S (Bass)
Rikki Texlaw (Schlagzeug)
Andy E. (Gitarre)

Euer Info sowie eure Internetseite beherbergt eine Kampfansage. Spiegelt sich hier auch ein wenig die Verzweiflung und Wut "kleiner Bands" wieder, bei denen Herzblut nicht nur eine Phrase ist?
Wohl eher die Verzweiflung und Wut "kleiner Musikliebhaber", die den Mist nicht mehr ertragen, der über sie akustisch und auch optisch ausgeschüttet wird.
Es wird von Monat zu Monat schlimmer. Ich sage nur "Superstar" oder "Starsearch". Da kommt einem doch das kalte Kotzen. Was gibt es denn heutzutage für Idole? Analphabetische Fussballer und vollkommen verblödete, niveaulose Produzenten, die noch mehr verblödete, nichtskönnende sogenannte Sänger fördern. Da ist weder Herz noch Blut im Spiel. Das hat mit Musik machen nichts mehr zu tun. Es gibt natürlich auch genügend Ausnahmen. Leider sind die Bands, die eine vernünftige Live-Show bieten, meistens Relikte aus der Vergangenheit. Es macht mich wütend, wenn ich nur darüber nachdenke, was diese Verblödungsmaschinerie namens "Fernsehen" mit der Gesellschaft angestellt hat.

Fame "der Name ist Programm" schreibt ihr. Wie wichtig ist ein Bandname und was steckt bei euch dahinter?
"Fame" ist Provokation und Hoffnung zugleich. Wir möchten natürlich so viele Leute wie möglich mit unserer Musik erreichen, um "Ruhm" im klassischen Sinne zu erlangen. Da steckt ein gewisser aggressiver Ehrgeiz dahinter. Wir lieben Musik und träumen natürlich davon, unseren Lebensunterhalt als Musiker zu verdienen.
Ausserdem klingt es gut und das ist sehr wichtig. Ich zum Beispiel denke bei "Fame" sofort an David Bowie. Wenn es auch andere tun, wunderbar. Bowie ist für mich ein Symbol. Sex, Drugs & Rock?n'Roll gepaart mit Eleganz und Intelligenz. Die Reihenfolge ist beliebig umzustellen, je nach Tagesform...

Eure aktuelle MCD beherbergt neben 3 Eigenkompositionen auch ein Cover von Depeche Mode. Warum dieser Song und wie sehr hat euch diese Band beeinflusst?
Mich haben Depeche Mode als Teenager sehr stark geprägt. Hauptsächlich die Alben "Black Celebration" und "Music For The Masses". Die Idee, "Enjoy The Silence" zu covern, kam aber glaube ich von Dean. Von der "Violator" hätte ich viel lieber "World In My Eyes" gecovert. Ich mag "Enjoy The Silence" aber auch sehr gerne nicht zuletzt wegen der Aussage. Da steckt, denke ich, sehr viel persönliches von Martin Gore drin. Man sollte es öfter tun: die Stille genießen, den Moment genießen, Gefühle genießen und lieber nichts sagen.

"In your arms" dürfte des öfteren zu Vergleichen mit HIM abrufen. Stören euch derartige Vergleiche und in welchem Kontext möchtet ihr genannt werden?
Vergleiche mit HIM stören mich schon. Wir haben sehr wahrscheinlich ähnliche Einflüsse, deswegen vielleicht zum Teil einen ähnlichen Sound.
Apropos HIM: ich empfehle jedem mal in das Album "First Chapter" von The Mission reinzuhören. Ich habe es als schlechten Witz empfunden, dass bei der letzten HIM tour The Mission Vorgruppe waren. Die Welt steht doch Kopf!
Also für die erste große Fame-Tour holen wir uns The Cult als Vorgruppe... und Billy Idol.
Um die Frage des Kontextes zu beantworten müssten wir eine Mischung aus unseren Einflüssen finden. Die meisten Kritiker haben bis jetzt Vergleiche mit The Cult, Billy Idol, Danzig, sogar Elvis und leider auch HIM gezogen. Ich fühle mich etwas unwohl dabei, weil es alles große Namen sind, aber ich gebe zu, dass es mir gefällt.



Wie wichtig sind die teils dunklen Texte im Vergleich mit den lieblichen Melodielinien?
Der Text eines Liedes ist meiner Meinung nach genauso wichtig wie die Melodie. Das mag wohl eine altmodische Sichtweise sein, aber Musik sollte über den Unterhaltungswert hinaus auch dem Kopf etwas bieten können. Sie sollte anregen, nachdenklich stimmen und uns auf eine Reise mitnehmen.
Einen Liedtext sollte man auch ohne Musik gut finden können. Das ist mit ein Grund, weshalb ich Chart-Musik überwiegend hasse. Sie ist nichtssagend.

Kannst du etwas mehr über die drei eigenen Songs erzählen?
"In Your Arms" ist Deans Baby. Sie stirbt - er weint und möchte mit. Klassische Tragödie. Inklusive ewige Liebe. Erfüllte, reine Liebe. Wenn auch im Moment des Abschieds.
"NEver" ist Schmerz, Unverständnis, Anklage oder Selbstzweifel. Je nachdem ob man "never" oder "ever" liest. Es ist der Wunsch, zu verstehen, wie "der Andere" die Sache sieht, seine subjektive Wahrheit kennenzulernen um die eigene Realitätsempfindung zu korrigieren. Eine verzweifelte Frage nach dem Warum.
"Today" ist bedingungslose Kapitulation vor der Situation, verlassen worden zu sein. Man versteht es nicht und basta. Man romantisiert die Vergangenheit und hasst die Gegenwart.

Während in Songs wie "never" oder "in your arms" kräftig gerockt wird, gibt es mit "Today" eine wunderschöne, traurige Ballade. Wie wichtig ist die Melancholie in euren Stücken?
Melancholie ist ein guter Nährboden für Texte. Man sollte sich aber nicht dauerhaft mit Bildern beschäftigen, die einen traurig und sehnsüchtig machen. Man verliert den Bezug zur Gegenwart und verpasst vielleicht etwas.
Über dieses Thema würde ich gerne mal mit Robert Smith (The Cure) reden. Er hat es über so viele Jahre geschafft, Melancholie hörbar zu machen. Das Album "Disintegration" bringt mich immer noch zum Weinen und erdrückt mich jedesmal mit einer undefinierbaren, schweren Sehnsucht. Er MUSS in diesem Zustand gewesen sein! Zumindest in der Zeit als das Album entstand.

Eure Songs sind im typischen (Strophe/Refrain) Stil geschrieben, wie läuft das Songwriting in euer Band?
Dean schreibt die Musik, ich die Texte. Manchmal verschieben sich die Grenzen. Im Proberaum bekommt das Ganze dann eine Form. Dazu braucht man die ganze Band. Man muss es hören und spüren. Nur so kann sich ein Song entwickeln.

Ihr habt den Anspruch "lebendige" Musik zu machen, was steckt hinter dieser Aussage?
In erster Linie Musik, die im Moment des Hörens entsteht. Die aus dem Zusammenspiel von Menschen, sowohl der Band aber auch des Publikums geboren wird, um natürlich sofort wieder zu sterben und somit ein einmaliges Erlebnis zu schaffen. Dieses Gefühl kann man nur schwer auf CD pressen. Studioaufnahmen können niemals die Intensität eines Live-Auftritts erreichen.
Genau das wird von den ganzen "Püppchen" a la Britney Spears zerstört. Sogar die Stones lassen sich in den letzten Jahren eher auf bombastische Shows ein, anstatt gnadenlos zu rocken. Keith Richards braucht keine Pyro-Effekte. Nur sechs Saiten und etwas Whisky, um uns glücklich zu machen. Ich will kein Konzert sehen, das genauso ist wie alle anderen. Ich will ein einmaliges Erlebnis. Sehen, dass die Musiker den Moment leben. Elvis hatte den mörderischsten Tourplan aller Zeiten in den 70ern. Und doch ist jede Aufnahme seiner Konzerte anders. Man spürt, ob er gut oder schlecht drauf war. Er reagiert auf das Publikum. Das ist es.

Ihr schreibt von langjähriger Erfahrung in verschiedenen Münchener Bands. Kannst du einen näheren Einblick in die Geschichte vor Fame geben und wie habt ihr zusammengefunden?
Wir wollen mit "fame" all das richtig machen, was wir in den letzten Jahren mit anderen Bands falsch gemacht haben. Aufs Wesentliche konzentrieren. Gute, einfache Songs mit Aussagen schreiben und eine gute Live-Show liefern. Wir haben alle schonmal in irgendeiner Konstellation miteinander gespielt. Ursprünglich wollten wir eine Coverband gründen, um endlich alle Lieblingssongs von den Doors über Iggy Pop, Billy Idol bis zu Duran Duran und unzählige Andere zu spielen. Nach ein paar Proben und personellen Veränderungen haben wir uns umentschieden und haben angefangen, eigene Sachen zu machen. Unsere erste Aufnahme war übrigens eine stark veränderte Version von "Something?s Gotta Give" von Aerosmith. Ist sogar noch auf der Homepage zu hören.

Die Kampfansage ist gemacht, wie sieht eure weitere Strategie aus?
Im Moment arbeiten wir an neuen Songs. Wir wollen so schnell wie möglich ein Label finden, das uns unterstützen kann. CDs pressen können wir selber. Leider fehlt uns das nötige Kleingeld, um uns selbst zu promoten. Da muss ein Partner her.

Wie würdet ihr den unwissenden MTVIVA Moderatoren eure Musik beschreiben?
Fuck Britney Spears? ass. Oder um es mit den Ramones zu sagen: I Wanna Live!