Gekrönter Pathos
Coronatus (Gothic Wave Metal)

Dunkel, mystisch, pathetisch, daß sind drei Eckpunkte der Musik von Coronatus. Ihre zwei Track CD begeistert zudem durch eine gelungene Mischung aus 80er Dark Wave und modernen Gothic Metal Klängen. Eine wesentlich detailliertere Beschreibung könnt ihr im Reviews nachlesen. Was lag näher, als angesichts der überzeugenden Musik und der gelungenen Texte, der Band eine Plattform zu bieten um sich einem größeren Publikum vorzustellen und ein wenig über den Hintergrund ihrer Texte zu philosophieren. Ich hoffe ihr seid neugierig geworden, besucht ihre Seite www.coronatus.de ,kauft ihre CD und besucht die Konzerte. Nur soviel: Es lohnt sich. (andreas)  

Review lesen



Die wenigsten Leute werden euch kennen, stellt euch doch bitte kurz vor?
Matz: Wir sind eine Gothic-Metal-Band aus Stuttgart. Zunächst (Anfang 2002) waren wir eigentlich 'nur' ein Projekt bestehend aus George (Sänger) und mir (Drummer). Wir beide kennen uns schon ewig. Die beiden Songs "Volles Leben" und "Strahlendster Erster" wollten wir unbedingt amtlich verewigen, nur so zum Spaß, um später mal vor dem eigenen Nachwuchs angeben zu können. Deshalb haben wir Freunde aus unserer musikalischen Vergangenheit zusammengetrommelt (Tanja –Backings, Martin –Bass) und sind ins Studio gegangen. Olli, der Gitarrist, war neu dabei. Die Keyboards wurden programmiert und werden auch derzeit noch als Playback eingespielt (vielleicht läuft uns ja mal ein geeigneter Keyboarder über den Weg). Während der ganzen Aktion erwachte dann allerdings auch der Ehrgeiz und damit der Wunsch nach einer Umwandlung des Projekts in eine Band. Da sind wir gerade dran.

Was ist die Bedeutung eures Bandnamens und was wollt ihr damit ausdrücken?
George: "Coronatus" bedeutet gekrönt. Warum Latein? Weil damit ein gewisses Pathos verbunden ist, das die Musik meint und will.

Ihr bedient euch sowohl am Dark Wave, wie den Metal Klängen. Bis vor ein paar Jahren wäre diese Verbindung undenkbar gewesen. Wie sehr haben euch die aktuellen Strömungen beeinflusst?
George: Ich selber bin ein Kind der Achtziger. Ich bin aufgewachsen mit Joy Division, Bauhaus, den Sisters, wahnsinnig traurigen Synthie Klängen und den gebetshaften Hymnen von Dead Can Dance. Dunkles zu dichten und zu singen ist immer eine gewisse Reminiszenz an jene Zeit. Ich denke, ich orientiere mich mehr am Vergangenen. Für die gegenwärtigen Strömungen waren eher die Jungmusiker wie Oliver verantworlich, der ja originären New Metal spielt mit seiner eigenen Band iTrip.
Matz: Die Grenzen zwischen den Stilen sind zum Glück ja nicht Gesetz. Ich möchte mich jedenfalls auf kein musikalisches Stilmittel festlegen bzw. eines ausschließen. Natürlich wird man von aktuellen Sachen beeinflußt, ich liebe z.B. zur Zeit Subway to Sally, Nightwish, Eisheilig (Super Band!), aber auch Sachen wie L‘Ame Immortelle und Tanzwut; was die Härte angeht steh ich z.B. eher auf Rammstein. Aber das wechselt und streut stark. Letztlich macht man doch immer sein eigenes Ding, welches auf der ganzen Erfahrung, die man im Lauf der Jahre erworben hat, aufbaut. Wenn man dann zuläßt, daß sich jeder Musiker entsprechend einbringen kann, multipliziert sich das dann noch und man bekommt ein Endergebnis, welches charakteristisch für genau diese Konstellation von Musikern ist.

Gesang und Instrumentierung glänzt durch Perfektion. Gibt es Erfahrungen, die ihr in Bands gesammelt habt oder steckt gar eine Ausbildung dahinter?
George: Matthias und ich haben Mitte der 90 schon zusammen Musik gemacht. Auch damals waren unsere Songs eher traurig. Ich habe insgesamt 3 Jahre Gesangsunterricht hinter mir und mindestens genauso viel Zeit mit Matthias in einer Band verbracht. Darüber hinaus waren wir eigentlich immer in Kontakt gewesen und haben immer wieder Mal was zusammen gemacht. Coronatus ist unser jüngstes Kind.
Matz: Jeder von uns hat schon in vielen Bands mit zum Teil sehr unterschiedlichen Stilrichtungen gespielt. Die meisten hatten auch schon einiges an Studioerfahrung. Tanja Ivenz kennt man vielleicht noch von der Progressive Metal Band Battlefield die bei Rising Sun unter Vertrag war. Meines Wissens nach hatte Sie nie Unterricht – ist einfach ein Naturtalent. Martin hatte nur kurz Bass-Unterricht, ist aber ganz allgemein unheimlich musikalisch; früher hat er mal Geige gespielt. Ich selber hatte lange Unterricht und hab sogar mal Musik studiert; nach einem Jahr hab ich es aber hingeworfen, da Klassik einfach nicht mein Ding war.

Gibt es bestimmte Bands, die euch inspiriert haben und gibt es hier Unterschiede zwischen Texten und Musik?
George: Wie gesagt orientiere ich mich musikalisch eher an den Achtzigern. Zu meinen absoluten Lieblingsstücken gehört heute noch "Heartland" von den Sisters of Mercy. Was die Texte angeht, bin ich eher beeinflußt von einem Rainer Maria Rilke, als von einer bestimmten Band. Seine Engel hatten es mir schon früh angetan. Ich liebe seine Verse und ich würde lügen, wenn ich sagen würde, sein Denken hätte meines nicht geprägt.
Matz: Na ja, Fields of the Nephilim, Paradiese Lost, Danzig usw. haben mir in den 90ern gefallen, aber ob man von einer direkten Inspiration beim Entwerfen der eigenen Lines sprechen kann bezweifle ich. Die Beeinflussungen sind sicher da, aber doch eher unbewußt.

Gerade die deutsche Sprache macht es einer Band nicht leicht. Es besteht immer die Gefahr zu oberflächlich oder zu klischeehaft zu sein, gerade im dunklen Bereich. Warum habt ihr euch trotzdem für diese Sprache entschieden?
George: Ich denke da ganz anders. Deutsch bietet sich mehr denn irgendeine andere Sprache an, die andere Seite der Dinge zu beschwören. Nichts ist von einer erhabeneren Traurigkeit als im Deutschen verfaßte elegische Verse. Klischeehaft kann man ebenso in anderen Sprachen sein. Daß viele Bilder bereits benutzt wurden, macht neue Bilder nur um so aufregender. Deutsch ist gerade für den dunklen Bereich DAS sprachliche Medium.

Religiöse Themen und die schwarze Szene ergänzen sich durch konträre Meinungen. Worauf fußt eure Religiosität, auf welchen Gott beruft ihr euch?
George: Religion verstehe ich im eigentlichen Sinne des Wortes als "sich anlehnen" oder "Bezug suchen". In dieser angenommenen Ursprünglichkeit des Wortes, wie man sie bspw. bei Thomas von Aquin findet, impliziert der Begriff von Religion nicht unbedingt dieses oder jenes Gottesbild. Statt dessen stellen sich mir vor dem hier beschriebenen Hintergrund die Fragen, warum und wie wird Bezug gesucht? Das "Zu Was", also zu diesem oder jenem Gottesbild, scheint mir dabei eher beiläufig zu sein. Meiner Meinung nach suchen wir Bezug, damit wir in ein uns Ähnliches schauen können. Das kann das Bild eines Gottes ebenso sein wie das einer Frau oder das eines Mannes. Nicht weil wir uns explizit darin wiederfinden, indem wir sagen könnten: "das bin ich!", sondern weil urplötzlich ein Augenblick der Ruhe entsteht. Ich denke, daß wir diese Ruhe immer wieder suchen und sie in Bildern finden, darin wir ein wie auch immer geartetes Etwas wiedererkennen. Meine Religiosität fußt auf dem Glauben, daß wir alle Schöpfer von Bildern sind und sein wollen. Eine Welt verstanden zu haben bedeutet, eine Welt geschöpft zu haben, denn es bedeutet, ein Bild von dieser Welt geschöpft zu haben. Es gibt in diesem Zusammenhang kein richtiges oder wahres Bilder, sondern nur jenes, das Ruhe gibt. Eine Welt zu verstehen heißt also, eine Welt zu schöpfen, und zwar von Anfang an.

Von Coronatus erzählt eine "andere" Schöpfungsgeschichte, was ist damit gemeint?
George: Nun, eine Welt verstehen heißt, eine Welt von Anfang an zu schöpfen. So betrachtet soll und muß eine andere Schöpfungsgeschichte von "Coronatus", von unserem Bild der Krönung (der Schöpfung) erzählen. Ich habe mich in diesem Zusammenhang gefragt, wie kann das vor sich gehen, wenn eine ganze Welt verstanden wird, wirklich von Anfang an verstanden wird. Ich stellte mir dabei die Mani vor, eine Region in Griechenland, die Jahrhunderte lang vom Rest der Welt abgeschieden war. Dabei kam es weniger auf historische oder geographische Tatsachen an, sondern einfach auf den Umstand, daß eine derart radikale Abgeschiedenheit die Menschen dazu nötigen muß, ihre eigenen Bilder von der Welt zu entwerfen. Auf den Vorgang, auf die Art und Weise dieses Entwerfens kam es mir an.
Wenn wir ein Bild von einer Welt geschöpft haben, so halten wir es fest in Sprache. Wirklichkeit, also das auf uns Einwirkende, ist immer das Bild, das seine Wirksamkeit über die Sprache entfaltet. Wir können also Wirklichkeiten manifestieren, indem wir sie sagen. Daß da noch eine "andere" Schöpfungsgeschichte ist, neben derjenigen, die wir kennen, manifestiert ihre Wirklichkeit. Es gibt noch andere Bilder, oder besser, es gibt da eine grundsätzliche Art und Weise des Bilder Machens, die andere Bilder, andere Schöpfungsgeschichten, ermöglicht.

In "strahlendster Erster" sprecht ihr den Schöpfer direkt an. Ist dieses als Verneigung zu verstehen?
George: Ich nehme an, Du meinst die dritte Strophe "Daß ein Gott sich so selbstlos gab...". Auch dieser Vers ist ein Bild. Der Schöpfer, und ich denke Du meinst hier den christlichen Schöpfergott, wird hier ebenso sehr angesprochen, wie er es nicht getan wird. Jesus Christus war in der Geschichte der Religionen nicht der erste "Gott...der sich selbstlos gab". Die Orphiker der frühen Antike sahen in Orpheus einen Gott, der sich selbst hergegeben hatte. Er wurde zerrissen und wurde dadurch ein Teil der Natur. Die Natur blühte im Frühling allein deswegen auf, weil Orpheus wieder anfing zu singen. In der aztekischen Religion hatte sich der erste Gott geopfert, damit die Sonne wieder aufgehen konnte usw. Es ist ein Bild von dem sich opfernden Gott, der sich hergibt, um ein Teil der Welt zu werden und weniger, um in den Himmel zu fahren. Als ein Bild ist es eine Bejahung.

In "volles Leben" geht es um Engel, die ihre Stadt verlassen und zur Trähnenreichen kommen, weil sie sich nach einem Dasein sehnen, das sie übersteigt. Könntest du das näher erläutern?
George: Die Engel sind ebenso wie der sich opfernde Gott Bilder. In diesem Fall sind sie Bilder für unsagbar Schönes. Für alles, das so viel mehr zu sein scheint, als wir, weil es einzig schön ist, einzig glücklich, einzig strahlend und für immer ewig. Die Engel erkennen, daß in dieser Einzigkeit eine Eingeschränktheit liegt. Sie erkennen, daß Leben ein zweifaches Dasein ist, das noch ein anderes birgt, das den Engeln fehlt. Die Tränenreiche ist reich an Tränen. Tränen scheinen mit Reichtum verbunden, als würden sie das Mehr ausmachen. Dieses erkennend sehen die Engel im Leben ein sie übersteigendes Dasein. Es stellt ihre Ordnung nicht über die unsrige, sondern kehrt sie um, so daß sie sehnsuchtsvoll zur Tränenreichen kommen, als wollten sie Teil von ihr werden, als wollten sie an ihrem Dasein Teil haben.

Wie steht es mit einem Label, versucht ihr hier etwas zu erreichen? Wie sind die Reaktionen der Labelmanager? Wie seid ihr bisher mit den Reviews zufrieden?
Matz: Ja, wir sind seit kurzem auf Labelsuche. Im Moment ist es noch zu früh, um was Definitives zu sagen. Natürlich haben wir einige Absagen bekommen. Diese werden in der Regel nicht begründet. Es gibt aber auch positive Reaktionen. Die für uns bislang interessanteste Reaktion war die des Managers von Corvus Corax (auch Tanzwut und Dracul). Er möchte allerdings erst Live-Mitschnitte von uns haben, um die ganze Sache besser beurteilen zu können. Da sind wir auch gerade dran.

Wie habt ihr als Band zusammengefunden?
Matz: Wie gesagt, bislang war Coronatus eher ein Projekt. Als Band wird es nun auch Live weitergehen. Dafür mußten auch neue Leute gesucht werden. Martin und Tanja können aus beruflichen und familiären Gründen nicht mehr weitermachen und Olli wird von seiner Nu Metal Band in Beschlag genommen. Mit der neuen Mannschaft sind natürlich auch wieder andere Einflüsse dazukommen. Ist echt spannend.

Entstehen Texte und Musik als Einheit oder wie betreibt ihr das Songwriting?
George: Ich mache meine Songs auf der Akkustikgitarre. Meistens gibt es irgendeinen Anlaß dazu. Irgend etwas ist passiert und hat mich auf eine Idee gebracht oder ich probiere einfach etwas aus. Meistens kommen Musik und Text gemeinsam. Der Gott der Sänger ist oft sehr gnädig.

Seht ihr Text und Musik als gleichwertig oder gibt es einen Schwerpunkt?
George: Die Musik muß ausdrücken, was der Text sagt. "Volles Leben" wäre nicht dasselbe, würde es ein Blasorchester spielen und ein Blasorchester hätte schwerlich Lust auf einen Text wie "Volles Leben". Es kann hier meiner Meinung nach nicht wirklich einen Schwerpunkt geben. Das eine ist die Form, das andere der Inhalt. Beides ist gleichwertig, denn es muß zusammenpassen.

Sind Live Auftritte geplant, wie werden sie aussehen?
Matz: Die sind in der Tat geplant und sie werden natürlich klasse aussehen! Im Ernst, zunächst werden wir hier in der Gegend mit anderen Bands zusammen auftreten, weil wir mit den Gigs nicht erst anfangen wollen, wenn schon ein komplettes 2h Programm steht. Wünschen würde ich mir mittelfristig, daß wir vielleicht bei einer schon etwas bekannteren Band der dunklen Szene Support sein könnten. Man wird sehen.

Wann gibt es das erste Full Length Album und wann seid ihr im Internet präsent?
Matz: Im Internet sind wir schon seit einigen Wochen präsent (www.coronatus.de), es wird aber noch daran gebastelt. Übrigens: jedem, der uns verlinkt sind wir ewiglich dankbar, denn im Moment wird unsere Seite von Suchmaschienen noch nicht mal gefunden. Einen Longplayer wird es geben, sobald wir jemanden finden, der das ganze finanziert. Material haben wir genug. Aber die Produktion der beiden Songs ging finanziell bereits ans Limit. Eine ganze Produktion könnten wir nicht selbst bezahlen. Und die Qualität muß gesichert sein. Aber wir sind ja schon auf Labelsuche. Es kann sich natürlich auch ein Privat-Gönner melden....

Wie würdet ihr einem Viva Moderator eure Musik beschreiben?
George: Ich finde unsere Musik bejahend, sehnsuchtsvoll und voll von Pathos. Sie beschreibt in elegischen Versen große Bilder. Sie fühlt sich an, als sei man in gewaltigen Hallen, auf strahlenden Hügeln, in einem Meer von Bannern.

Anm. von Eller: Dem ist wohl nichts mehr hinzuzufügen :-)