Wenn Melancholie ein schwarzes Milchbad nimmt
Black Milk (Wave Pop)

Es war schon ein wenig nostalgisch, als ich zum ersten Mal das Werk der Dortmunder zu Gehör bekam. Die Melodien, in Gewändern der 80er gekleidet, durchstreifen die modernen Gitarren Rock Klänge und führen in sich selbst doch ein wahrlich bezauberndes Eigenleben. Kennt ihr dieses Gefühl, mit einem Lied im Ohr einzuschlafen, mit ihm aufzuwachen und es den ganzen Tag im Ohr zu haben? Meistens ist es ja so, dass man sich daraufhin genervt die Taubheit wünscht, anders bei Black Milk, hier will man seinem Gehör immer weiter Futter liefern. Wunderschöne, sehr dezent arrangierte Klangakrobatiken, die sich ohrwurmgleich in Hammer, Amboss und Gehörschnecke breit machen und eine wahre Ausstoßung von Glückshormonen hervorrufen. Ich hörte das erste Lied und dachte an eine sehr professionelle Verschmelzung von Nu Metal mit betörendem Gesang. Dann kam "make it hard for me" und irgendwie fesselte der Song, Erinnerungen an U2's 87er Album wurden wach. Ich rede hier nicht davon, dass Black Milk etwas zu kopieren versucht, einzig und allein das Gefühl, welches beim Hören entsteht, ist vergleichbar. Als ich merkte, dass die unterschiedlichsten Leute, denen ich das Album vorspielte, sofort begeistert waren, wusste ich, dass diese Band die perfekte Formel zwischen alternativer Musik und Pop Gehör gefunden hat. www.blackmilk.de (andreas)


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Die meisten von euch kennen sich seit der Schulzeit. Wie reifte die Idee, eine eigene Band zu gründen?
Michael: Die Rumpfbesetzung formierte sich bei einem Workshop. Ich kam dazu, da mein Gitarrenlehrer mir von der Band ohne Drummer erzählte. Nachdem unser Gitarrist Elmar ausstieg, holte ich einen Freund von mir in die Band, von dem ich wusste, dass er den ganzen Tag nichts machte als Gitarre zu üben: Qlee. Später kam Stephan (Bass) dazu, als uns unserer alter Bassist wegen seinem Studium verließ und 1999 Sascha als Sänger.

Sascha kam etwas später zur Band, wie kam dieser Kontakt zustande und in welchen Bands hat er seine Erfahrungen gesammelt?
Florian: Sascha war bereits früher ein Bekannter von mir; er sang in einer Hagener Rock-Band namens Candy Factory , und wir haben damals einige Konzerte zusammen gespielt - damals noch als Konkurrenten. Als wir auf Sängersuche waren, erinnerte ich mich an sein schönes Stimmorgan und lud ihn zu einer Aufnahmesession zu mir ein. Dabei enstand die erste Version des Songs "Ultrawide", welcher es ja dann sogar bis zum Album geschafft hat.

Der Refrain von "make it hard for me" zermarterte mir tagelang den Kopf, denn ich glaubte irgendwie eine Verbindung zu einem anderen Lied zu erkennen. Gibt es etwas, was bei diesem Song Pate stand?
Michael: Inspiration waren argentinische Tangos, die ich eines abends im Radio hörte. Beim Snowboarden in Italien fiel mir dann die Melodie ein. Sie schien sich aus den geschwungenen Bögen zu ergeben und hat mich den ganzen Skiurlaub lang verfolgt.

Eure Songs klingen gleichzeitig sehr eingängig und alternativ. War es geplant diese beiden Begriffe musikalisch zu einigen?
Florian: Geplant ist wohl nicht der richtige Begriff, es hat sich so ergeben. Gründe sind wohl eher in unseren sehr unterschiedlichen Musikgeschmäckern zu suchen. Was wir aber auf jeden Fall wollten, war Songs zu schreiben und keine 50-Minuten-Session abzuliefern, ohne dabei jedoch zu glatt zu klingen. Von mir persönlich aus kann ich sagen, dass ich am meisten auf eingängige Stücke mit einem raueren Charme stehe.

Wäre dieses Album möglich, ohne den Gewinn des Nachwuchspreises Act 2002 ?
Florian: Der Act2002, der eigentlich Act2001 hieß, war für uns natürlich eine Riesenchance. Ohne den Wettbewerb hätten wir mit unseren Demos bei Plattenfirmen hausieren gehen müssen, wobei der Erfolg hierbei nicht einzuschätzen ist. Unser Gewinn war jedoch kein fertiger Plattenvertrag, sondern lediglich eine Albumproduktion. Erst als das Album fertig war und das Resultat überzeugen konnte, wurde uns dann ein Plattenvertrag angeboten.

In allen Reviews, welche ich bis jetzt gelesen habe, werdet ihr mit bestimmten Bands verglichen, wie empfindet ihr diese Vergleiche?
Florian: Inzwischen wird es langsam lustig, da immer mehr Vergleiche in immer unterschiedlicher Richtung kommen. Ein paar Beispiele: Placebo, Queen, U2, Muse, Radiohead, HIM, usw. Das mag daran liegen, dass unser Album musikalisch recht vielseitig ausgefallen ist. Stören tun mich persönlich die Vergleiche weniger, denn sie sind oft das einzige wirksame Mittel, um über Musik und Musikstile reden zu können. Bisher hat auch noch kein Kritiker uns angekreidet, irgendwen zu kopieren. Insofern alles fein.

Bei euch gibt es nicht einen Songwriter/Texter, sondern Michael und Christian teilen sich diesen Job. Wie darf man sich die Arbeit am aktuellen Werk vorstellen?
Michael: Die Arbeit am aktuellen Album war zunächst ein Prozess des Songwritens, der sich über einige Zeit erstreckte. Die Songs enstehen bei Christian und mir meist am Klavier oder Gitarre und werden vom jeweiligen Songwriter soweit in Melodie und Text ausgearbeitet. Dann werden die Songs der Band vorgestellt, die dann demokratisch entscheidet welcher Song gemacht wird. Für das Album haben wir von jedem Song dann vier grundlegend verschiedene Arrangements gemacht, um zu sehen, wie der Song am besten funktioniert. Schließlich haben wir aus allen vier Versionen, zusammen mit Produzent Fabio, die besten Ideen in einer Version vereinigt, aber auch ein wenig Raum zum Experimentieren und Improvisieren im Studio gelassen.

Euer Cover, ein gläserner Delfin, grenzt schon ein wenig an Kitsch. Wer hatte die Idee und wollt ihr im Bezug auf die Musik den Kitsch zur Kunstform erheben? (Anm. das ist nicht negativ gemeint)
Michael: Das Cover ist für mich eine Projektionsfläche. Ich hoffe, dass man es im Zusammenhang mit der Musik nicht mehr als kitschig definiert. Für mich strahlt der Delphin auch Stolz aus und hat aufgrund seiner Haiflossen ein Element, dass verfremdet und auch zum Nachdenken anregen kann. Kitsch generell zur Kunstform zu erheben, war sicherlich nicht das Ziel. Sicherlich aber der Versuch, Kitsch durch eine zusätzliche Komponente in einen anderen Kontext zu stellen und die Relativität von Bedeutungszuschreibungen zu offenbaren.

Ihr habt in einem Interview die deutschen Veranstalter nicht gerade gut wegkommen lassen. Glaubt ihr, dass diese irgendwann ihr Verhalten bereuen werden?
Michael: Ich kann mich daran nicht erinnern. Es gibt immer gute und schlechte Veranstaltungen, wobei es unbekannte und kleine Bands meist schwer haben, an Auftritte zukommen. Wir haben in unser Laufbahn teils große Unterstützung und Idealismus genießen dürfen, wie auch die Kehrseite der Medallie. Wichtig ist es meiner Meinung nach, den Zorn, den man als Band hat, die nur schwer an Auftritte kommt, in positive Energie umzusetzen, sich mit anderen zusammenzutun und die Gründe für Misserfolge nicht immer bei anderen zu suchen. Veranstalter von lokalen Konzerten haben es meist sehr schwer und machen oft große Verluste. Da wir selbst viele Konzerte veranstaltet haben und zu diesem Zwecke sogar eine Bookingagentur gegründet haben, können wir die Positionen auf beiden Seiten gut nachvollziehen. Um auf deine Frage zurückzukommen ... Wenn Du mit bereuen meinst, dass wir irgendjemand etwas heimzahlen wollen würden, kann ich sagen, dass das nicht der Fall ist. Ich jedenfalls hege in der Rückschau keinen Groll ... eher ein Gefühl von Verbundenheit denjenigen gegenüber, die uns unterstützt haben.

Die BMG entwickelt sich zu einem quängelnden Bonzen Verein. Einerseits machen sie riesige Gewinne mit Schrott wie DSDS, andererseits klagen sie übers Schwarzbrennen. Ist das die richtige Umgebung für eine junge aufstrebende Band?
Florian: Wir sind bei GUN/Supersonic unter Vertrag. Diese Firma agiert weitgehend unabhängig von der großen Mutter BMG. Ich bin der Meinung und viele andere Bands in D auch, dass dies eine der besten Plattenfirmen für den Rockbereich ist, weil hier noch die Meinung des Künstlers stark gewichtet wird. Mit BMG haben wir sonst wenig zu tun.
(Anm. Andreas: Diese zugegeben etwas provokante Frage entstand allein aus der Wut zu sehen, wie mit der Dummheit der unter 12 Jährigen Geld gemacht wird. Gun/Supersonic gehört auch für mich zu einer Plattenfirma, die sich immer wieder mit Künstlern beschäftigt, die es verdient haben, dem allgemeinen Lemming den Sprung ins Meer zu ersparen)

Zwei Begriffe: Schönheit und Melancholie, wie wichtig sind sie für eure Musik?
Michael: Schönheit und Melacholie sind tragende Begriffe, die aber nur die Hälfte dessen ausmachen, was wir darstellen wollen. Freude, Ironie, Hässlichkeit soll sich in den Songs gleichermaßen finden. Denn weder versuchen wir von Pathos triefende Trauerhymnen zu machen, noch fröhliche Partyliedchen.

Was wird die neue Single, wie sieht es mit Videos auf MTVIVA aus?
Florian: Erste Single ist "If the gods (may know your name)", zweite ist noch geheim. Zu "If the Gods" haben wir ein sehr schönes, stimmungsvolles Video gedreht. Rotations bei MTVIVA sind zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht entschieden. Bisher stehen aber die Alternative/Rock-Sendung bei VIVAplus sowie "Schattenreich" bei Onyx als Sendetermine fest.

Eure Pläne für die Zukunft?
Florian: Versuchen, also so zu drehen, dass wir uns 100% der Musik widmen können.