Die Geschichte vom Grossen Meer und des Lebens Korovakill

Korovakill aus Österreich haben mit "Waterhells" ein sehr bizarres, wenn auch immer wieder eingängiges Metal Album geschaffen, dass mal mehr die Death/Trash Metaller anspricht, andererseits, aber für alle Freunde düsterer, etwas anderer Musik ein schönes Hörvergnügen sein dürfte. genauso wie ihr Album gestalten sich auch die Antworten auf meine Fragen. Man muss halt manches zweimal lesen, um alles zu verstehen, ebenso muss man "Waterhells" mehrere Durchläufe gönnen, ehe es sich richtig wohltuend entfaltet. (eller)

Wer sind die Mitglieder von Korovakill und wo kommen sie her?
KorovaKill ist ein Raubtier bestehend aus drei Individuen. Am Schlagzeug sitzt Moritz Neuner, der Hüter der Wellenrhythmen und Gezeiten, bekannt unter anderem für seine Fellbearbeitungen bei Abigor, Darkwell, Angizia, Dornenreich, Enid und vielen anderen Musikkapellen. Keyboards und Klangwolken stammen von Renaud Tschirner, dem Hüter der Grenzen der Bestimmung und des guten Tones, und ich selber bin ein Teil von Christof Niederwieser, der die Fäden zieht; die Fäden der Gitarre, der Bässe, der Stimmbänder unter anderem.
Wir kommen aus dem Herz der Alpen, aus dem kleinen Bergbauerndorf Innsbruck bei Tirol.

Hat euer Bandname eine spezielle Bedeutung?
Unsere Truppenbetitelung ist ein multidimensionales Gewebe von mannigfaltiger Bedeutungsstrahlkraft, die wir mit Worten aber nicht vollkommen zu umreißen vermögen. Am ehesten könnte man sagen, daß KorovaKill die "Herdenschlachtung" wäre und somit überall dort seinen Schlachtplan entfaltet, wo es gilt, Reviere zu verletzen und der Masse den Dolch ihrer eigenen Verdrängungen in die Achillesferse zu fletschen.

Könnt ihr mit ein paar Worten erklären, wovon die Story auf eurem Album handelt?
WaterHells ist die Geschichte vom Grossen Meer und des Lebens, welches sich seinen Weg dadurch bahnt. Das Große Meer sehen wir hierbei als die Summe aller Wellen, Atome, Dinge, Frequenzen aller Zeiten und Orte auf allen Skalierungsebenen rundherum in allen Richtungen gleichzeitig...die Welt aller Welten...das Große Alles. Apeiron, Hyle, Tao, Brahman, Ain Soph Aur, Dharma, Chaos, Alpha und Omega, Zentralmonade, Welt des Willens, Urkraft oder die Große Einheit und Einzeit...es ist alles zusammen. Jede Religion, jede Epoche, jede Denkschule hatte dafür ein anderes Wort, doch alle sprachen im Endeffekt nur vom Großen Meer, wo alles entspringt und alles enden wird.
Das Konzept schildert hierbei archetypische Entwicklungszyklen in Bildersprache. Der Vorteil von Bildern ist, daß sie uns ihren Inhalt direkt über das Empfinden, und nicht über den Umweg des Intellekts offenbaren. Man muß auch kein mit philosophisch-magischem Spezialwissen vollgestopftes Gehirn durch die Gegend schleppen, um sie angemessen verstehen zu können. Sie sollen mehr eine Hebamme sein, um im Hörer bereits vergrabene Bilder an die Oberfläche seines Bewußtseins zu spülen. In der magischen Welt der Bilder gibt es kein Richtig oder Falsch, weshalb wir an dieser Stelle auch nicht unsere Interpretation der Handlung aufdrängen werden, sondern lediglich das erste Bild darlegen möchten:
Ein Mann erwacht und treibt mitten im Meer. Weder weiss er, wer er ist, noch, wie er hierherkommt oder was er hier macht. Nur Nebel und Rauschen flimmern vom Ort einstiger Erinnerungen. Rundherum taumeln schwindelnde Berge aus Wasser, doch nicht ein Tropfen zu trinken. Kein Schiff in die Zukunft, keine Insel aus der Vergangenheit sind weit und breit in Sicht, nur der hartnäckige und unausweichliche Sog nach unten.
Nach Ewigkeiten des fiebrigen Treibens und Driftens hört er plötzlich Stimmen und Geräusche eines Schiffes aus dem Nirgendwo aufsteigen, doch wohin er auch blickt erstreckt sich nur ein endloser und leerer Brei von Wellen und Himmel in alle Horizonte hinein. Schallend lacht das Nichts aus den toten Winkeln und da erst merkt er, daß die Stimmen von tief unten kommen und hypnotisch seinen Namen rufen...und so sinkt er langsam hin zum Grund...
So beginnt das Abenteuer, die Odyssee hinein ins Unbewußte, in die Tiefen des Großen Meeres. Wer wissen möchte wie es weitergeht, der kann sich ja das Album vornehmen. Und wer wissen will, was all das bedeutet, dem seien der eigenen Phantasie keine Grenzen gesetzt.


Woher habt ihr die Ideen für diese Geschichte?
Mit ”Drown Symphony” begann Anfang 1998, noch vor den Studioaufnahmen zu ”Dead like an Angel”, die Odyssee hinaus aufs Große Meer. Der Rest des Albums ist 1999/2000 entstanden, zum entscheidenden Teil in der Phase nach der Bandauflösung, also bereits als KOROVAKILL. Es war zuerst ein Bildfetzen in Kombination mit einer Empfindung, welcher aus dem Nichts in mir aufstieg von jener endlosen Wasseroberfläche ohne Vergangenheit und Zukunft und einem Treibenden, der dort ohne Erinnerung erwacht. Immer mehr Bilderblasen stiegen mit der Zeit empor, von einer Burg dort drunten unter Wasser, die einem Totenschädel mit turmartigen Hörnern glich, von einer Sonne, die darunter gefangen war, von zerfließenden Meereswesen und anderen Gestalten, die stumm in verschiedene Richtungen wiesen, und diese verscholzen schließlich immer mehr zu einem gewachsenen Reich.
Diese Bilder begann ich irgendwann zu artikulieren, indem ich das Reich in Landkarten fixierte, teils mit Zeichnungen, teils mit Wörtern, bis es schließlich zwölf waren, 12 Bezirke des Großen Meeres, die man von oben nach unten durchwandern konnte. Jeder dieser Bezirke bekam einen Namen und wurde in der Folge solange mit Worten, Musik und Arrangements ausformuliert, bis diese Unterlandkarten schließlich zu Liedern wurden. Text und Musik haben sich hierbei meist wechselseitig in die Zeit hinaus entwickelt.

Der Song "it's a fool's world" ist einer meiner Lieblingssongs. Er klingt sehr verrückt. Was passiert in diesem Song?
Im Totenschädelpalast der Vorstellungen am Grunde des Meeres findet ein gar sonderliches Schauspiel statt. Der Ertrunkene betritt den Saal der weißen Marmorstatuen, welche unerlöst im Eis betäubter Qualen erstarrt harren, und findet in der Mitte der Halle einen Altar vor mit einem merkwürdigem Buch. Sein Name steht darauf in güldenen Lettern geschrieben. Er öffnet es und findet darin fremdartige Zeichen und Buchstaben einer Sprache, die er nicht versteht, und dreidimensionale, sich bewegende Abbildungen, welche ihn unbekannt an etwas erinnern.
Da schneidet er sich beim Umblättern mit der Blattkante in den Finger, ein Tropfen seines Blutes fällt zu Boden und die Marmorstatuen erwachen zum Leben. Aller Dreck, Gifte und Krankheiten, Illusionen und Falschheiten, Perversionen, Morde und Mordesmorde an Leib und Seele aller Zeiten und Orte der sämtlichen Welt, sie alle erwachen gemeinsam zum Leben und werden zur Rotte der rasenden Schattenhorden. Alle Verdrängungen des menschlichen Kollektivs speihen ihm ins Gesicht. Sie drohen und wollen ihn zu sich ziehen.
In "It’s a Fool’s World" durchschaut er aber dieses Spiel...Die ganze Welt ist nur eines Narren Welt. Die lärmende Herde ist nur ein Haufen ängstlicher Idioten. Korova geschlachtet und die Ställe des Stiers mit dem Großen Meer überflutet. Die Schattenhorden zerfallen in ein allfarbiges Kaleidoskop aus Farben, Tönen und Gerüchen. Im Schwarz des Nichts wartet das Gold des Alles, denn das Schwarz des Nichts ist nichts als das Gold des Alles.

Wie entwickelt ihr eure Stücke?
Die Bildblasen, welche ich später in Lieder hineinvergewaltige, entstehen in der Regel während ich gerade etwas ganz anderes mache. Spazierengehen, in einer Bar sitzen, kleinen Kindern beim Streiten zuschauen...Dann schreibe ich es schnell in mein Schmierheft und vergesse es wieder. Irgendwann häufen sich aber sonderlicherweise gewisse Bildblasen und beginnen zu allem Überdruß, mich auch noch mit Melodien zu belästigen. Da bleibt mir dann leider nichts mehr übrig, als diese mit der Gitarre totzuschlagen, indem ich die singenden Bildblasen als Song abphotographiere. Ein Zitat aus dem Vorwort eines Giordano Bruno-Buches aus 1904 soll das verdeutlichen:
"Unser Auge bewahrt die Bilder bloß einen flüchtigen Moment. Nehmen Sie beispielsweise an, daß Sie einen Menschen totschlagen, in dem Augenblicke, da er in seinem Lehnstuhl ruhig sitzend die Augen auf ein hell erleuchtetes Fenster gerichtet hält (diese Annahme hat nichts Übertriebenes, auf einem Planeten, dessen sämtliche Bürger Soldaten sind und einander durchschnittlich 1100 per Tag umbringen), daß Sie ihm dann die Augen ausreißen (wir haben soeben gesagt, daß es sich um einen Feind handelt) und dieselben in eine Alaunlösung tauchen. Diese Augen werden das Bild des Fensters mit seinen dunklen Rahmen und den hellen Scheiben festhalten."
Beim Erschaffen von Lieder macht man selbiges einfach mit dem inneren Auge...Ich habe beim Songwriting sehr viel Blut verloren, wenngleich auch nur inneres Blut.

Was sind eure musikalischen Einflüsse?
Einflüsse sind Einläufe. Da wir keine Verstopfungen haben brauchen wir sowas nicht. Die Ein-Flüsse von WaterHells waren die Vielen-Flüsse, Seen und Bächlein, welche allesamt schließlich im Großen Meer enden. Der Klang der Wellen ist unser Ein-Fluß.

Wie kam es zu der Verbindung zu eurem amerikanischen Label Red Stream und wie ist so der Support, zumal es ja ein sehr weiter Weg über den großen Teich ist?
Über einen wohlgeehrten Freund aus Berlin sind wir in Kontakt mit Red Stream gekommen und bislang auch hochzufrieden mit der tollen Unterstützung des Roten Stromes. Dank E-Mail und Telephon-Dumpingpreisen ist es auch kein Problem, in regelmäßigem Kontakt zu stehen.

Was denkt ihr über die österreichische Metalszene?
Österreich hat außer Falco schon noch einiges zu bieten. Jetzt mal auf Metal bezogen sind vor allem die Wiener ScienceFiction-CyberBM-Mechanoiden von SPRAWL hervorragend (Debut-Album: Cybionic Black Art") (Anm. Eller: siehe unser Review-Archiv). Dann gibt es da noch den verrückten Dichter und die abgedrehte Theaterkapelle ANGIZIA, welche in Welten jenseits der Zeit geleiten. Außerdem beachtenswert HOLLENTHON, Klangschänder ganz sonderen Ausmaßes und KREUZWEG OST mit ihren Gummizellen-Panzern.

Habt ihr Pläne für die Zukunft?
Pläne sind uns eine zu unflexible Angelegenheit, alsdaß wir uns darauf einlassen möchten. Jedoch scheint die Wirrnis der "Echowelt" heranzudämmern...