Und Tschüß Dreadful Shadows

Nach knapp sieben Jahren löst sich eine der letzten großen Düster Bands unseres Landes auf. Sie werden neben einem "Sea of Tears"(Mein Lieblingssong) eine ganze Menge Erinnerungen hinterlassen. Wohl nie vergessen werde ich mein erstes Konzert im Oktober 95 in Leipzig. Allein die sieben stundige Zugfahrt dorthin ist ein Buch wert. Dazu gibt es unheimlich viele Erlebnisse, die von der Musik getragen wurden. Die Schatten aus Berlin brachten es zu vier Full Length Alben und einer MCD. Jede dieser Platten brachte neue Eindrücke, es war eine fortführende Weiterentwicklung zu hören. Trotz allem gehört ihr Erstling "Estrangement" zu meinen Favoriten. Düster Rock in Perfektion. Damit schufen sie sich selbst eine hohe Hürde, welche sie immer wieder mit elektronischen oder metalenen Einflüssen auftürmten. Auf allen Alben schafften sie einen Spagat zwischen ruhigen, getragenen und aggressiven Stücken. Zu der musikalischen Umsetzung, gesellte sich mit Sven Friedrich ein Sänger, der mit seiner unverwechselbaren Stimme, jeden Text und jeden Ton, direkt in des Hörers Hirn transportierte. Aus dem traurigen Anlaß einer letzten Tour unterhielt ich mich mit Jens Riediger vor dem Konzert in der Essener Zeche Carl. Lest nun seine Ansichten zum Ende, zur Tour in Beirut und dem Chaos in Leipzig. Viel Spaß! (andreas)

Diese Tour war nicht als Abschlußtour geplant?
Nein, die Tour war bereits seit Mai oder Juni geplant, wir entschlossen uns dann im August aufzuhören. Da gingen auch die ganzen Pressemitteilungen raus.

Ihr gebt aber noch ein endgültiges Abschluß- Konzert in Berlin?
Am 01.12. Weil wir als Berliner Band unsere ersten Fußstapfen dort gesetzt haben. Es wäre deshalb unsinnig es nicht zu machen.

Wie ist das Gefühl jetzt, mitten in der Tour und kurz vor dem Ende?
Im Moment geht es noch. Schlimmer waren die Interviews, wenn man nochmal die ganzen Resonanzen bekommt. Sei es von der Presse, oder in der Gästeliste auf unserer Homepage. Zur Zeit ist man halt auf Tour und da funktioniert es halt besser. du hast ne ganze Menge Adrenalin in dir, wenn die Konzerte gut laufen. Zusätzlich redest du danach mit den Leuten und machst ein bißchen Party, dadurch bist du abgelenkt. Von daher denkt man nicht soviel darüber nach. Ab und zu gab es auch Momente, wo das Publikum einen Song richtig klasse fand und Tränen in den Augen hatte, dann schluckt man schon. Das ist nicht einfach, aber das wir jetzt einen absolut depressiven Durchhänger haben, ist nicht.

Gibt es Zukunftspläne für die einzelnen Mitglieder?
Ron und Andre haben im Moment schon ein Projekt laufen, daß nennt sich Coma 51 und haben auch schon ein paar Songs aufgenommen. Die werden jetzt auf Labelsuche gehen und schauen, wo sie unterkommen. Bei mir ist es ähnlich, ich hab ein paar bekanntere Bands mit denen ich immer was zusammen machen wollte. Mal sehen, was daraus wird. Sven arbeitet im Studio und komponiert, produziert auch Bands. Norman genauso. Und ich hab halt noch ein eigenes Label. Also hat jeder in der Branche noch irgendwas zu tun.

Also kein Abschied für immer?
Ne, irgendwo wird man sich immer treffen. Es ist auch nicht ausgeschlossen, daß wir uns in ein paar Monaten zusammenraufen, und vielleicht zu Zweit oder zu Dritt etwas machen. Oder eventuell Sven ein Solo Album, genaues weiß ich nicht.
Dann aber unter einem anderen Namen. Also, auf jeden Fall unter anderen Namen. Eine Band mit dem Namen Dreadful Shadows wird es nicht wieder geben.
Das haben schon viele gesagt. Ich weiß, das hör ich den ganzen Tag schon. Aber dafür sind wir zu konsequent.

Was macht ihr direkt nach der Tour, erstmal Urlaub?
Schön wärs. Also ne Woche Urlaub werde ich brauchen, ganz bestimmt. Aber ich denke, daß wir uns noch intensiv was überlegen für den 1.12 im Kesselhaus Berlin, ein paar Specials. Mal gucken was wir da machen, es ist halt sehr kurzfristig. In Potsdam mußten wir auch abbrechen vor zwei Tagen, weil Sven überhaupt kein Ton mehr raus gebracht hat. Das war ein bißchen bitter, weil es waren 800 Leute anwesend. Die Tour läuft eh ziemlich gut. Es war auch schon mehrmals ausverkauft. In Leipzi mußten wir noch ein Konzert nachlegen. Das war gestern, wo eigentlich der einzige Off-Day gewesen wäre, haben wir noch ein Zusatzkonzert gegeben. Weil halt am ersten Tag noch 300 bis 400 Leute draußen standen.

Ihr habt mehrere Cover gemacht, war da irgendwas bestimmtes noch geplant?
Wir hatten in den 3 Stunden Programm ziemlich viele Songs, die auch nicht von uns waren. Halt noch was von Placebo oder Manson.

Du erzählst immer von 3 Stunden, da Sven's Stimme arg in Mitleidenschaft gezogen wurde, heute also keine 3 Stunden?
Erstmal haben wir hier eine Begrenzung auf 24 Uhr, und Sven's Stimme wird keine 3 Stunden durchhalten. Wir wollen sehen, daß wir 90 Minuten wenigstens hinkriegen. Das ganze ist auch ziemlich bitter für ihn. Sven merkt, daß das Singen richtig weh tut, und er ist halt Perfektionist. Er will immer das der Ton genau hinhaut, wenn es mal nicht so klappt, ist er sehr haarig mit sich selbst. Deswegen hoffe ich auch, das wir es irgendwie so hinkriegen werden.

Ihr habt jetzt eure erste CD und Homeless nochmal rausgebracht. Ein Dankeschön für die Fans?
Das wurde von der Presse so aufgefasst. Die Platte kam auf meinem Label (Andromeda) raus, wir wollten die eigentlich letztes Jahr schonmal rausbringen. Aber da gab's noch Vertragsschwierigkeiten, mit Freigaben und und und. Dann ist das Cover nicht fertig geworden. Es ist absoluter Zufall, das es jetzt in dem Zeitraum noch rausgekommen ist. Es war halt nicht als Goddy für die Fans gedacht, das war schon vorab so geplant.

Ist denn noch irgendwas geplant mit raren oder Live Songs?
Es ist das Problem, daß wir dreimal das Label gewechselt haben. Wir müßten, wenn wir so etwas machen erstmal einen Partner finden. Da es für die Plattenfirma mit Dreadful Shadows vorbei ist, ist es schwer da noch was zu finden. Na klar, wir könnten es selber rausbringen, aber da mußt Du erstmal die ganzen Freigaben von den Labels kriegen. Und die Mühe machen mit einem Livemitschnitt, dafür war uns die Zeit einfach zu kurz. Wir hätten dann z.B. eine komplette Studioproduktion dabei haben müssen. Das ging weder vom technischen, noch finanziellen Aufwand. Die Fragen kommen auch nach einer Best Off, aber das ist nicht unser Ding.

Als Vorband fungieren Scream Silence. Sind das eure Nachfolger?
Ähm, sie klingen wahrscheinlich ein bißchen ähnlich wie wir. Der Sänger ist auch unser alter Tonmann und hat uns immer Live gemixt. Wir kennen uns schon seit Jahren. Dazu kommt das ich mir ein Büro teile mit Moonstorm, wo auch Scream Silence unter Vertrag sind.

Gab es noch irgendwelche Sachen, die ihr erreichen wolltet, und nicht geschafft habt ?
Eigentlich nicht, wir haben alles erreicht was wir uns erhofft haben. Was für uns halt sehr wichtig war , waren die Live Sachen, die Konzerte, vor allem auch im Ausland. Kann auch sein das wir nochmal zwei Konzerte im Ausland geben. Mexico haben wir einen Termin gekriegt. Und natürlich nochmal Beirut. Weil, es war echt klasse da.

Wie ist das Gefühl, wenn man im Libanon an erster Stelle steht?
Ja, das sind jetzt so 20 Songs, allerdings sind es keine Verkaufscharts. Es gibt dort kein Vertriebssystem. Es gibt halt ein paar relevante Radiosender, und da kam es halt super an, wir können das auch kaum erklären. Wir hatten bei unseren Auftritt dort z.B 3500 Zuschauer.

Wie sieht es dort mit dem Kontakt zu Fans aus?
Wir wurden dort relativ gut abgeschirmt. Was nicht von uns ausging sondern von den herrschenden Mächten dort. Wir wurden betreut von Leuten, die darauf achteten, daß wir nicht irgendwo anecken. Wir haben mit den ein oder anderen Fan nach dem Konzert geredet. Dann sind auch solche Sachen passiert, die bei uns so nie passieren, daß Stagediver auf der Bühne stehen und wie wild umher hopsen. Ansonsten hatten wir relativ wenig Kontakt, auch mit den Leuten, mit denen wir dort zu tun hatten. Das ganze wurde auch Live im Fernsehen übertragen dort. Das einzige was ein bißchen auffällig war, war die Achtung vor Hitler. Das hat uns überhaupt nicht gepasst und wir sind deshalb auch ein bißchen angeeckt dort. Weil, die finden Hitler irgendwie ganz toll. Weil er der einzige Diktator war, der es geschafft hat, ein Land irgendwie sauber zu kriegen. Was die Libanesen auch gerne hätten. Das war halt nicht so unser Ding.

Ihr wart ja auch dieses Jahr in Leipzig?
Ganz heikles Thema. Es hat den Hintergrund, ein Teil von uns hat dort auch gearbeitet, als Stagemanager oder Produktionsleiter. Wir waren eh schon seit Dienstag dort und hatten auch im Vorfeld unsere Bedenken ob da wirklich alles so gut geht. Wir haben dann am Sonntag Morgen um 3 Uhr unsere Arbeit niedergelegt, als klar war, die Geschäftsführer sind weg. Wir haben uns dann gesagt, O.K. dann spielen wir, das Geld ist eh schon verloren.

Gab es interne Absprachen wer am Sonntag spielen durfte oder wurde gelost?
Es war halt ein riesiges Chaos. Jeder wollte irgendwie mitmischen und seine Meinung einbringen, wer dort noch spielen sollte. Ich hab die Planung nicht gemacht und war selbst überrascht, daß sie uns als letzten Actz da rein gesetzt haben. Es war nie die Frage das sie uns streichen wollten. Aber für viele Bands, die sagten, O.K wir spielen jetzt dort, war es natürlich bitter da raus zu fallen, weil einfach die Zeit nicht gereicht hat. Aber andersrum muß man auch verstehen, daß irgendjemand was planen und festlegen mußte.

Das wars auch schon. Danke das ihr bis hierhin gelesen habt und Danke an Jens, daß er trotz der Masse an Interviews und Erkältung uns Frage und Antwort stand.