DEVIL SIDE FESTIVAL 2009 :: Der Fehlerteufel steckt im Detail
Landschaftspark in Duisburg am 28.06.2009
(Fotos by Chris (Anthrax) & Ludger - www.heitmann-foto.de)


Nach einer kurzen Nacht auf dem Parkplatz in Schloss Holte-Stukenbrock beim SERENGETI-FESTIVAL machen wir uns auf nach Duisburg zum DEVILSIDE-FESTIVAL, wo wir einige der Bands vom Vorabend nochmal sehen möchten. Nach einer reibungslosen Fahrt treffen wir gegen halb elf auf dem Parkplatz am Landschaftspark ein und suchen uns einen schönen Platz. Nach einem netten Plausch mit unseren Nachbarn machen wir uns auch schon bald auf den Weg zum Festival, denn schließlich darf ich ANTHRAX nicht verpassen, die um 11 Uhr morgens auf der Bühne stehen wollen, damit sie Abends noch auf dem Graspop Metal Meeting rocken können.

Aber vorab einige Worte zum Drumherum: unterschiedlicher können zwei Festivals nicht sein! Als wir auf dem Gelände ankommen ist es schon sehr gut gefüllt und innerhalb der nächsten ein bis zwei Stunden ist es so voll, dass man Schwierigkeiten hat, von der Hellstage zur Devilstage zu kommen, ohne einen Teil der Show zu verpassen. Es ist ein brutales Geschiebe und Gedränge und die Wartezeiten an den Bierbuden belaufen sich teilweise auf mehr als 30 Minuten und wenn man Pech hatte, war gerade das Getränk ausverkauft, wonach es einem gelüstet hat. Aber für ein 0,3l Bier und 0,3l Wasser 35 Minuten anzustehen ist schon beschissen. Das ist auch einer der Gründe, warum wir von vielen Bands leider nichts mitbekommen haben! Entweder waren die Wege dicht, man wollte wegen der Affenhitze mal was trinken oder sie fielen dem Stuhlgang zum Opfer. Abends habe ich mir bei MOTÖRHEAD noch ein Bierchen gegönnt, aber ganz ehrlich: lauwarme Pisse ohne Kohlensäure ist kein Bier! Da muss man definitiv nachbessern und ein größeres Gelände suchen, auch wenn die Location im Landschaftspark generell super war und die Versorgungslage dem Publikum anpassen. Die angepriesenen 1-Liter-Becher gab es nach einigen Stunden nur noch, wenn man seinen alten Becher mitgebracht hat, da die Damen und Herren an den Bierständen keine Möglichkeit hatten, diese abzuspülen.

Hier eine schnelle Auflistung der Bands, die ich nicht gesehen habe und es kacke finde: THE CARBURETORS (haben am Vorabend oberamtlich gerockt und sind live eine ganz große Nummer!), PETER PAN SPEEDROCK (siehe THE CARBURETORS), ELVIS JACKSON (siehe THE CARBURETORS und PETER PAN SPEEDROCK), CRO-MAGS (habe ich am Mittwoch gesehen und hätte mich gefreut noch einen draufzulegen, aber es sind halt "Hard Times"). Die anderen Bands (NEARA, ALL SHALL PERISH, MILLENCOLIN, DISCO ENSEMBLE, DISCIPLINE, THE BONES) habe ich teilweise gesehen, aber zu wenig, um mir ein Urteil erlauben zu wollen und die BLOODHOUND GANG muss ich nicht schon wieder haben.

Hinzukommt, dass der Besucher das Festivalgelände für die nächsten 15 Stunden nicht verlassen durfte! Es wurden für den "normalen" Gast weder Bändchen ausgegeben oder Stempel verteilt, das finde ich echt kacke. Wer nicht Bescheid wusste, durfte auf sein im Auto liegendes Festivalzubehör (Sonnencreme, saubere Klamotten, Jacken etc.) verzichten. Das geht eigentlich gar nicht.

Eine andere Geschichte ist, dass es den Journalisten versprochen wurde, dass sie auch Fotos aus dem Fotograben machen können, aber leider gab es einige Tage vorher die Mitteilung, dass es "zu viele Tagespresse und so viele Online-Magazine gäbe, die man einfach nicht (alle) in den Graben lassen kann". Unsere Vorberichte durften wir aber bringen, um das Festival entsprechend zu pushen. Das nenne ich schlicht und ergreifend Wortbruch des Veranstalters. Die Onlinepresse besteht zu 90% aus Fans der Musik, die neben ihren Jobs, Studien etc. viel Geld und Zeit und Liebe in die Musik investieren und glücklich sind, wenn sie das Evangelium der harten Musik verbreiten können. Uns aus dem Fotograben rauszuhalten hat natürlich die Konsequenz, dass dieser Bericht ohne tolle Pressefotos voller Schweiß und Adrenalin auskommen darf. Zwar konnte man Kameras mit auf's Festivalgelände bringen, aber dieses Verhalten ist schlichtweg nicht tolerierbar, weil es unehrlich uns gegenüber ist! Eine Ausnahme möchte ich dennoch machen, denn die Bilder der ANTHRAX-Show in Morgenmänteln kann, darf und will ich euch nicht vorenthalten!
(Anm. v. Eller: die weiteren Bildeindrücke hat uns freundlicherweise Ludger zur Verfügung gestellt, der seinen Festivalbericht u.a. für westropolis.de gemacht hat und Zugriff auf den Fotograben hatte)



Das Besondere an dem Festival ist, dass es sehr stark startet, denn wo kann man heute noch HATESPHERE als Opener erleben? Eigentlich nur beim DEVILSIDE, aber in Vorfreude auf den zweiten ANTHRAX-Gig innerhalb von 15 Stunden klemme ich mir den Auftritt der Dänen einfach. Man schafft es auch, organisatorisch bereits nach der ersten Band 30 Minuten hinter dem Zeitplan herzuhinken.

Wer hat eingentlich die SILVIA SUPERSTAR-Tussi bestellt, damit sie das Festival "moderiert"? Sie quakt eigentlich nur einen belanglosen Satz ins Mikro und ruft den Bandnamen und ist wieder weg. Liebes Orga-Team: solltet ihr dafür Geld ausgegeben haben: Pfui! Das mache ich nächstes Jahr umsonst und besser! Versprochen! Ihr müsst mich nur fragen!




Aber dann ist es soweit: Breakfast with ANTHRAX. Kann es was Geileres geben? Fuck no! Was ich besonders geil finde, ist die Tatsache, dass die Setlist im Vergleich zum Vorabend umgestellt wurde und mit "Got the Time" ein anderer Song in die Setlist gerutscht ist, als am Vorabend. Sonst hauen uns meine New Yorker Lieblinge knackige Kost um die Moppen und "Indians", "I am the Law", "Caught in a Mosh", "Only" oder "Antisocial" sind live die absoluten Bringer und wieder ist es "Fight 'em till you can't", der Hunger auf die neue Platte im Oktober macht. Leider bringen sie "Safe Home" heute wieder nicht, aber es würde mich sehr interessieren, wie der Song mit Dan Nelson am Mikro klingt. Sonst ist alles beim Alten und ANTHRAX belegen mit diesem Gig, dass sie eine verdammt heiße Liveband sind, mit der wir zum Glück wieder rechnen können.
Ungeklärt ist allerdings die Frage, warum man das olle "We've come for you all"-Backdrop aufhängt und dann noch nicht einmal "What doesn't die" runterhobelt. Naja, hoffen und beten wir, dass ANTHRAX nach der Veröffentlichung des neuen Albums für fette Headliner-Shows in unsere Clubs kommen werden!

HAMMERHEAD sagte mir mal rein gar nichts, aber man erzählte mir, dass die Band seit ewigen Jahren aktiv ist, wobei es erst vor kurzem zu einer Reunion gekommen ist. Sie spielen fetten Auf-Die-Omme-Hardcore, covern die CRO-MAGS, die danach auf der Devilstage rocken und machen sich mit ihrer direkten Art und dem Hardcore-Geschrei nicht nur Freunde, aber mir gefällt es und nach einer guten halben Stunde ist Schluss und ich weiß jetzt, dass Tobias Scheisse lieber alleine säuft und ich kenne seinen Köter, was konnte ich mehr erwarten?




Danach gibt es ein Heimspiel für Tom Angelripper! Ratzfatz ist der Ruhrpott eine willige Marionette, die von Onkel Tom geführt wird. SODOM sind im Haus und es wird ein geiler Gig, der keine Gefangenen macht und immer voll auf die Zwölf geht. Egal ob "Napalm in the Morning", "Outbreak of Evil" (mit geilem Intro), "Ausgebombt" (welches höflicher Weise Michael Jackson gewidmet wurde), "The Saw is the Law", "Wachturm", "Surfin' Bird" oder "Agent Orange", mit diesen Songs und der Erfahrenheit der SODOMiten kann es einfach keinen schlechten SODOM-Gig geben! Tom Angelripper hat sich seinen Bart abrasiert und sieht dadurch nicht mehr wie die graue Eminenz des Metal aus, was sein Charisma allerdings in keiner Weise schmälert. SODOM sind zu recht eine der beliebtesten Livebands und auch ich könnte sie mir jeden Abend angucken.

Dann kamen die MISFITS. Jerry Only und seine getreuen Mannen machen sich auf, die Welt zu begruseln. Der Gig erinnerte mich mächtig gewaltig an die RAMONES, denn es gab nur eins: schnelle Punksongs, die, bis auf die Hits, alle gleich klangen. "Helloween", "Die, Die My Darling" und "Green Hell" und die BLACK FLAG-Coverversion von "Thirsty and Miserable" stachen natürlich heraus, aber der Rest klang wie ein Song. Das war mir ein bisschen zu wenig, um mich wirklich gut zu unterhalten. Hätte man mittlerweile nicht für ein Bier 40 Minuten anstehen müssen, hätte man sich ja prima besaufen können.

Als nächstes wurde die Bühne für SEPULTURA vorbereitet und nicht wenige haben mit einer kleinen Jam-Session mit Max Cavalera gerechnet, aber um das Ergebnis vorwegzunehmen: dazu ist es nicht gekommen. Aber zu einem musikalischem Gewitter, welches sich in "Arise", "Refuse/Resist", "Escape to the Void", "Troops of Doom", "Inner Self", "Territory", "Roots Bloody Roots" und einigen "A-Lex"- und "Dante XXI"-Tracks entladen hat. Wahnsinn! Frontmann Derrick Green hat eine monströse Ausstrahlung und bringt die Songs saustark rüber und auch Andreas Kisser ist in blendender Verfassung. Es ist zwar schade, dass Igor Cavalera nicht mehr am Schlagzeug sitzt, aber Jean Dolabella macht zusammen mit Paulo Jr. eine gute Figur. Die "Dante XXI"-Songs und vor allem die "A-Lex"-Tracks funktionieren Live viel besser, als auf Platte, aber man merkt im direkten Vergleich mit den alten Songs eine deutliche Kurskorrektur zu etwas verkopfteren Songstrukturen. Aber wie gesagt, der Auftritt war grandios und ich habe persönlich nicht so viel auf SEPULTURA gegeben, aber bin glücklich, dass die Band mich eines Besseren belehrt hat!

CLAWFINGER spielen ungefähr die gleiche Setlist wie auf dem 2007er ROCK HARZ-Festival, aber mit diesen Songs und dieser positiven Einstellung können die Schweden auch in 10 Jahren noch touren, denn live treten sie einfach Arsch! Pure Energie geht vom Frontmann aus, aber der Ruhrpott wäre nicht der Ruhrpott, wenn man das ganz gelassen angeht! Das Mitsingspielchen bei "Zeros and Heroes", für das Zak extra auf die Seitenteile klettert geht dermaßen in die Hose, weil keiner mitmacht, dass man Angst hat, dass die Band jetzt persönlich beleidigt ist! Aber die Jungs stecken das Unwissen einfach weg und machen weiter mit guter Musik. "Do what I say", "Nigger", "The Truth", "Rosegrove", "Biggest and the Best" oder "Nothing going on" sind Hitgaranten und machen einfach Spaß! Sehr geil!

Für SOULFLY machen wir uns noch vor Ende der CLAWFINGER-Show auf den Weg zur anderen Bühne. Erfreulicher Weise sind auch SOULFLY Profis genug, um den Gig anders zu gestalten, als am Vorabend. So kommen wir heute nämlich in den Genuss einer längeren "Roots Bloody Roots"-Version und auch "Unleashed" vom aktuellen Longplayer "Conquer" wird dargeboten. Den Gastpart übernimmt Ritchie Cavalera, der wie ein Geisteskranker brüllt und sich tierisch in Rage mosht. Sehr geil! 45 Minuten lang SOULFLY live erleben ist zwar leider nur sehr kurz, aber dafür unglaublich intensiv. Großartig!!!




Vor der MOTÖRHEAD-Show hatte ich gelinde gesagt etwas Furcht, denn man wird mit MOTÖRHEAD-Live-Releases ja durchaus zugeschüttet und meine Befürchtung war, dass es nur altbekanntes sein würde, was man bekommt. Nun ja, einerseits stimmt das auch, aber andererseits ist es etwas ganz anderes, wenn man Lemmy, Mickey Dee und Phil Campbell live auf der Bühne hat. Auch wenn wir relativ weit weg standen, hat man die Magie gespürt, die von einem Lemmy ausgeht. Als besonderen Bonus startet die Band mit einem Lieblingssong von mir, nämlich "Iron Fist"! Wie geil! Und auch der Rest des 75 minütigen Gigs war von allerfeinster Erlesenheit. "Going to Brazil", "Stay Clean", "Rock out", "Over the Top", "Killed by Death" und natürlich "Ace of Spades" und "Overkill" sind feinstes Rock'n'Roll-Futter und auch die ruhigeren Parts, bei denen der Blues regiert, wirken live ganz anders! Allerdings kann man sich fragen, ob zwei Solospots bei einer knappen Spielzeit wirklich sein müssen. Das Drum-Solo war ganz ok, aber Phil's Solopart war einfach klasse!
Alles in Allem war es schlicht und einfach großartig! Alles wirkt wie aus einem Guss und die ganzen Live-Veröffentlichungen sind zwar ihr Geld wert, aber der Magie eines echten Konzertes werden sie niemals gerecht. Ich bin tief beeindruckt.



Mein Fazit zum DEVILSIDE FESTIVAL?! Nun ja, ich denke, dass man an vielen kleinen Baustellen arbeiten muss, damit das Festival auch im nächsten Jahr reibungslos über die Bühne gehen kann, aber die Veranstalter sollten sich die Kritik, die überall im Netz (und auch hier) nachzulesen ist, durchaus zu Herzen nehmen! (chris)


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